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Die Tiefenpsychologie ist die
zusammenfassende Bezeichnung für psychologische und psychotherapeutische
Schulen (von Sigmund Freud, Alfred Adler und Carl Gustav Jung), die sich um
die Erforschung der Psyche mit dem Postulat des Unbewussten bemühen. Dabei
vertreten alle "Schulen" der Tiefenpsychologie die Auffassung, dass dem
Erleben und dem Verhalten in der "Tiefe" des Un- oder Unterbewussten
ablaufende Prozesse der Triebregulation und Konfliktverarbeitung zugrunde
liegen. Tiefenpsychologie wird auch als zusammenfassende Bezeichnung für die
aus der Psychoanalyse stammende Freudianische und Neopsychoanalytische
Auffassung sowie die Schichtentherorie (bewusst, vorbewusst und unbewusst)
gebraucht. Der Begriff Tiefenpsychologie wurde zuerst von Eugen Bleuler
eingeführt. Freud verwendete diesen Begriff ab 1913, um zwischen der in der
Schulpsychologie vorherrschenden Bewusstseinspsychologie zu unterscheiden.
Die vorherrschende Vorstellung
in der TP ist, dass "unter" dem Bewusstsein in der Tiefe weitere Prozesse
ablaufen, die dann als deren Negation Unbewusstes genannt werden. Diese
Vorstellung ist nicht neu und findet Vorläufer in der Philosophie. Freud war
der erste, der versuchte, dieses Phänomen mit wissenschaftlichen Methoden zu
untersuchen.
Das Modell, dass es neben dem
Bewusstsein ein weiteres gebe, ist schon oft von der akademischen
Psychologie angegriffen worden, die sich primär mit positivistischen
(statistischen) Methoden an die Erforschung der Psyche und des Verhaltens
der Menschen macht. Allerdings ist das Unbewusste von den Tiefenpsychologen
auch experimentell nachgewiesen worden (meist unbeachtet von der
akademischen Psychologie). Um die empirisch-experimentelle Überprüfung
tiefenpsychologischer Hypothesen hat sich die Gestaltpsychologie verdient
gemacht - dabei konnten einige Hypothesen bestätigt werden, für andere
wurden Modifikationen vorgeschlagen (vgl. dazu die Arbeiten von Wolfgang
Metzger).
Freud sah zunächst als Beweis
für das Unbewusste die so genannte posthypnotische Suggestion an, worunter
verstanden wird, dass Befehle die einem hypnotisierten Probanden suggeriert
werden, nach dem Erwachen aus der hypnotischen Trance ausgeführt werden,
obwohl sich der Proband nicht an den Befehl erinnert. Für das Konzept des
Unbewussten bedeutet das, dass der Befehl, obwohl sich der Proband nicht
daran erinnern kann soviel an Spannung besitzt, dass er ihn ausführt, obwohl
er sich darüber wundert warum er es macht.
Jung sah als Beweis für das
Unbewusste seine Assoziationsexperimente. Er rief den Probanden einige genau
festgelegte Wörter zu. Die Probanden sollten so schnell wie möglich das
Erste antworten, was ihnen in den Sinn kam. Bei diesem Experiment fiel Jung
auf, dass einige der Wörter merkwürdige Reaktionen auslösten. Die
Assoziationen zu manchen Wörtern wurden gestört. Sie waren zu langsam oder
enthielten Assoziationen, die auf einen konflikthaften Zusammenhang
schließen ließen. (Beispiel: Arzt: Wolke - Proband: Luft; aber: Arzt: Mutter
- Proband sehr spät: Friedhof). Aus diesem Zusammenhang schloss Jung dass es
abseits des Bewusstseins konflikthafte Zusammenhänge gibt, die er als
Komplexe bezeichnete, und die - obwohl unbewusst - die bewusste Absicht
stören können.
Neuere Untersuchungen bestätigen
diese aus den Anfängen der TP (1890-1920) stammenden Experimente. Beispiel:
In einigen Untersuchungen zu den Konversionsstörungen wurden "hysterisch"
blinden Menschen, also Menschen, bei denen aufgrund einer psychischen
Störung die visuelle Wahrnehmung abhanden gekommen war, verschiedene
visuelle Reize vorgelegt. Wenn die Probanden keinen Grund hatten, ihre
Blindheit vor den Untersuchern aufrecht zu erhalten, waren die
Testergebnisse ähnlich der gesunder Probanden. Wenn die Probanden allerdings
Grund hatten ihre Blindheit vor den Untersuchern aufrecht zu erhalten,
schnitten sie bei den Tests unterdurchschnittlich ab - und zwar noch
schlechter, als ein aus physiologischen Gründen Erblindeter unter
Berücksichtigung zufällig richtiger Antworten abgeschnitten hätte. Daraus
kann man schließen, dass es tatsächlich unbewusste Motivationen für
menschliches Verhalten gibt.
Auch einigen Ergebnissen der
modernen Hirnforschung bestätigen die Theorien und Modelle der T. P. Demnach
ist absichtsvolles Handeln nicht generell vom "bewussten" Willen gesteuert,
sondern vor allem von den Emotionen. Des Weiteren wurde ein Bereich im
Stirnhirn identifiziert, der das Modell des Über-ichs zu bestätigen scheint.
Das Über ich ist Teil eines Persönlichkeitsmodells der Psychoanalyse,
welches der Persönlichkeit drei verschiedene Instanzen zuordnet: Es, Ich und
Über-Ich. |