"Zwangsbehandlung
von psychisch kranken Menschen nach dem Betreuungsrecht"
Aufsatz von Thiel / Röttgers in der Zeitschrift Psychiatrische Praxis aus
dem Thieme Verlag.
Zitat:
"Psychisch kranke
Menschen haben ein Recht auf eine angemessene und gute Behandlung. Weiterhin
haben Patienten das Recht, dass ihre Freiheit und körperliche Unversehrtheit
respektiert wird. Im Fall einer wesentlichen Selbstgefährdung haben
einwilligungsunfähige Menschen aber unter Umständen auch ein Recht, gegen
ihren Willen untergebracht und vielleicht auch zwangsbehandelt zu werden.
Unter besonderen Umständen gibt es für Ärzte eine ethische Verpflichtung zur
Zwangsbehandlung. Aber es gibt auch eine ethische und eine juristische
Verpflichtung, dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten."
Weiteres.....
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In Deutschland wurde durch das
am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz das Rechtsinstitut der
rechtlichen Betreuung geschaffen. Die rechtliche Betreuung ist an die Stelle
der früheren Vormundschaft über Volljährige und der
Gebrechlichkeitspflegschaft getreten und geht über sie deutlich hinaus. Sie
ist in den §§ 1896 ff. des BGB geregelt. Das gesetzgeberische Ziel der
Reform war Betreuung statt Entmündigung, um den Betroffenen Hilfe zu einem
frei selbstbestimmten Leben zu leisten. Dabei ist das Wohl des Betreuten der
Maßstab des Handelns des Betreuers nach § 1901 und § 1906 BGB. Das Wohl ist
vorrangig durch den Betroffenen selbst zu bestimmen; die Betreuung dient
nicht zur Erziehung oder dazu, gesellschaftliche Wertmaßstäbe durchzusetzen.
Gegen den "natürlichen Willen"
des Betreuten darf nur gehandelt werden, wenn dies verhältnismäßig ist. Eine
Zwangsbehandlung des Betreuten ist auch bei nicht vorhandener
Einwilligungsfähigkeit des Betreuten nur zulässig, wenn der Eingriff in das
Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit mit dem Schutz eines
gleichrangigen Rechtsguts des Betreuten gerechtfertigt werden kann. Das
ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des
Bundesgerichtshofs, die dem Betroffenen ein Recht auf "Freiheit zur
Krankheit" einräumt. In der Praxis wird aber mit der Unterbringung nach §
1906 BGB auch die Zwangsbehandlung genehmigt. Die Einwilligungsfähigkeit
wird selten geprüft. Eine Patientenverfügung ist durch BGH Beschluss aber
immer für Arzt und Betreuer bindend. "Zwangsbehandlungen sind auch bei
nicht-einwilligungsfähigen Patienten nicht akzeptabel", so der
FDP-Parlamentarier Michael Kauch, Mitglied der Enquetekommission "Ethik und
Recht der modernen Medizin" des Deutschen BundestagsQuelle. Die FDP
Bundestagsfraktion hat einen Gesetzentwurf zur Regelung der
Patientenverfügung eingebracht. Damit folgen die Liberalen den Vorschlägen
der Arbeitsgruppe "Patientenautonomie am Lebensende" des Justizministeriums.
Gegen den "freien Willen" des
Betreuten darf nach Betreuungsrecht nur gehandelt werden, wenn die Wünsche
des Betreuten seinem Wohl zuwiderlaufen oder unzumutbar sind (§ 1901 BGB).
Ein Beispiel wäre das Verlangen eines Alkoholkranken von seinen Betreuer,
ihm einen PKW zu kaufen. Zum Wohl gehört allerdings auch die Möglichkeit, im
Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben selbst zu gestalten (§ 1901 BGB). Die
Gerichte stellten klar: "Der Staat hat nicht das Recht, den Betroffenen zu
erziehen, zu bessern, oder zu hindern, sich selbst zu schädigen.", wenn er
über einen "freien Willen" verfügt. Der Schutz Dritter ist nicht Aufgabe des
Betreuungsrechtes. Hierfür sind Ländergesetze zuständig (siehe: PsychKG).
Die Entscheidung für oder gegen
eine Betreuung sollte der Betroffene sorgsam abwägen. Ein gesetzlicher
Betreuer kann eine große Hilfe sein, etwa wenn es darum geht
Behördenangelegenheiten und finanzielle Angelegenheiten zu regeln, oder eine
Wohnung zu finden. Hierbei helfen aber auch Angebote freiwilliger sozialer
oder pflegerischer Betreuung. Wer keine gesetzliche Betreuung möchte, sollte
sich vom Arzt bescheinigen lassen, das er über seinen freien Willen verfügt.
Zudem besteht die Möglichkeit, statt des gesetzlichen Betreuers einen
Bevollmächtigten mittels einer Vorsorgevollmacht einzusetzen. Eine
Vorsorgevollmacht schütz aber den Betroffenen nicht, wenn dieser im Zustand
der Geschäftsunfähigkeit Geschäfte zu seinen Ungunsten abschließt. Dann muss
die Geschäftsunfähigkeit nachgewiesen werden. Das entfällt, wenn eine
Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt eingerichtet wird.
Rechtliche Betreuung in
Deutschland
Kann ein Volljähriger auf Grund
einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder
seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht
besorgen, so bestellt das Vormundschaftsgericht, das heißt, der für
Vormundschaftssachen zuständige Richter am Amtsgericht (Besonderheit in
einem Teil von Baden-Württemberg: der zuständige Notar nach Maßgabe von § 37
des Landesgesetzes Baden-Württemberg über die freiwillige Gerichtsbarkeit),
für ihn auf seinen Antrag oder von Amts wegen einen Betreuer.
In der Praxis wird umso leichter
die Voraussetzung der Betreuung bejaht, wenn der Betroffene dieser zustimmt.
Körperbehinderte erhalten nur
auf ihren Antrag hin einen Betreuer.
Das Gericht entscheidet von Amts
wegen, auf den Willen des Betroffenen kommt es weniger an. Maßstab ist, ob
der Betroffene aufgrund seiner Behinderung oder Erkrankung seine
Angelegenheiten erledigen kann, ohne seine Gesundheit, sein Vermögen oder
seine anderen Rechtsgüter zu gefährden. Eine bewusste Selbstschädigung des
Betroffenen ist kein Grund für eine Betreuung, soweit der Betroffene fähig
ist, sein Verhalten zu beurteilen und danach zu handeln.
Eine wirksame Vorsorgevollmacht
geht der Bestellung eines Betreuers vor (§ 1896 Abs. 2 BGB).
Das Wohl des Betreuten ist nach
dem Willen des Gesetzes auch vorrangig durch den Betreuten selbst zu
bestimmen, solange das irgendwie vertretbar ist. Der Betreute kann zwar über
die Verwendung seines Geldes bestimmen, der Betreuer wird aber die
notwendigen monatlichen Kosten für Miete, Kleidung und Lebensmittel
berechtigterweise zurückhalten dürfen. Jeder bestimmt auch das Maß seiner
Ordnung selbst, aber bei einem Leben zwischen Schimmel und Fäkalien wird der
staatlich bestellte Betreuer etwas gegen diesen Zustand unternehmen müssen.
Es ist strittig, ob der Betreuer die Wohnung des Betreuten überhaupt
betreten darf, wenn der Betreute dies verweigert, da gesetzliche Reglungen
fehlen. Zimmermann meint ja, wenn der Aufgabenkreis "Wohnungsangelegenheit,
Zutritt zur Wohnung" eingerichtet ist (LG Berlin FamRZ 1996, 821), führt
aber auch die Gegenteilige Meinung an (LG Frankfurt FamRZ 1994, 1617; Bauer
FamRZ 1994, 1562).
Der Betreute hat auch das "Recht
auf Krankheit", das heißt er muss sich nicht behandeln lassen, wenn er das
nicht möchte und kann Gesundheitsgefährdungen in Kauf nehmen. Voraussetzung
dafür ist aber nach allgemeiner Auffassung, dass er krankeneinsichtig ist
und nach dieser Einsicht handeln kann. Das Bundesverfassungsgericht hat
hierzu noch keine Entscheidung getroffen. Der Bundesgerichtshof setzte für
die Selbstbestimmung des Wohls durch den Betreuten nicht voraus, dass diese
Fähigkeiten vorhanden sind. Es verweist darauf, dass die Behandlung gegen
den Willen des Betreuten verhältnismäßig sein muss. Eine Behandlung gegen
den Willen des Betreuten in Kliniken oder Heimen ist daher auch bei
Krankheitsuneinsichtigkeit und Einwilligungsunfähigkeit nur dann
gerechtfertigt, wenn damit eine Gefahr für die Gesundheit des Betreuten
abgewendet werden kann.
Die größte Gruppe der unter
Betreuung stehenden Menschen sind alte Menschen, die an Alzheimer erkrankt
sind oder deren Gehirnleistung nachgelassen hat (Cerebralsklerose ugs. =
Verkalkung). Daneben benötigen geistig behinderte Menschen auch im
Erwachsenenalter einen Betreuer. Häufig wird bei Vorliegen einer Psychose
oder eines Borderline-Syndrom ein Betreuer bestellt. Für Suchtkranke (auch
Alkoholiker) sollte nur dann ein Betreuer bestellt werden, wenn mit der
Sucht eine psychische Erkrankung oder eine Selbstgefährdung einhergeht.
Die Betreuten empfinden die
Hilfe eines Betreuers oftmals eher als Vorteil, denn als Nachteil. Ein
professioneller Betreuer ist besser in der Lage, Sozialanträge wie
beispielsweise auf Sozialhilfe und Haushaltshilfen durchzusetzen oder bei
dementen Bewohnern dafür zu sorgen, dass die Medikamentengabe dem Wohl des
Betreuten dient und nicht dem Ruhigstellen.
Die Bestellung erfolgt je nach
Erfordernis für bestimmte Aufgabenkreise (beispielsweise Sorge für die
Gesundheit, Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung, Wohnungsangelegenheiten).
Nur wenn der Betroffene auf Grund seiner Krankheit oder Behinderung keine
seiner Angelegenheiten mehr selbst besorgen kann,ist ein Betreuer "für alle
Angelegenheiten" zu bestellen. In diesem Fall erlischt nach § 13
Bundeswahlgesetz das Wahlrecht des Betroffenen. Diese umfassende Betreuung
entspricht aber nicht dem Sinn des neuen Betreuungsrechts und soll daher
eine seltene Ausnahme bleiben (BayObLG FamRZ 2002, 1225).
Die Einweisung in eine
geschlossene Abteilung einer Klinik und die Heilbehandlung gegen den Willen
des Betroffenen (Unterbringung) ist auf Antrag des Betreuers im Rahmen des
Aufgabenkreises Aufenthaltsbestimmung nur mit vormundschaftsgerichtlicher
Genehmigung gestattet. Dies setzt aber eine erhebliche Gefährdung der
Gesundheit des Betroffenen voraus, nicht nur eine Vermögensgefährdung oder
die Gefährdung Dritter. Bei erheblichen Gefährdungen anderer ist auf Antrag
der Ordnungsbehörde nach den Gesetzen für psychisch Kranke (PsychKG) der
Länder zu verfahren. Ein Verfahren nach den PsychKG kann jeder anregen.
Hinzukommen muss, dass der Betroffene aufgrund der Krankheit nicht in der
Lage sein muss, selbst eigenverantwortlich über seine Behandlung zu
entscheiden. Dies ist häufig bei Erkrankungen des schizophrenen
Formenkreises oder manisch depressiven Erkrankungen der Fall.
Die Betreuerbestellung ist keine
"endgültige" Angelegenheit. Der Betreute kann immer Beschwerde gegen die
Betreuung einlegen. Zuständig ist das Landgericht. Fällt der Handlungsbedarf
für eine Betreuung weg, ist die Betreuung vom Gericht aufzuheben, was in der
Praxis auch häufig vorkommt. Ebenso kann der Betreuer gewechselt oder der
Aufgabenkreis erweitert oder eingeschränkt werden. Hierzu bedarf es nur
einer Anregung an das Gericht. Ein Wechsel des Betreuers ist aber in der
Regel schwer zu erreichen. Von sich aus prüft das Vormundschaftsgericht
zumindest alle sieben Jahre, ob die Betreuung unverändert fortzuführen ist.
Zum Betreuer können
Privatpersonen, Vereinsbetreuer (die bei einem Betreuungsverein beschäftigt
sind), Behördenbetreuer (bei einer für Betreuungen zuständigen Behörde
tätige Mitarbeiter), Berufsbetreuer, ein Betreuungsverein selbst oder die
zuständige Behörde bestellt werden. Juristische Personen außer
Betreuungsvereinen oder Gesellschaften können nicht zum Betreuer bestellt
werden.
Bei der Auswahl des Betreuers
hat das Gericht folgende Rangfolge einzuhalten:
-
Wunsch des Betroffenen
-
Ehegatte, Lebenspartner,
Eltern oder Kinder
-
weitere Verwandte oder
Bekannte
-
andere ehrenamtliche
Betreuer
-
Vereins- oder Berufsbetreuer
-
Betreuungsverein oder
Betreuungsbehörde
Nur triftige Gründe
rechtfertigen eine Abweichung. Vom Vorschlag des Betroffenen darf das
Gericht nur abweichen, wenn dieser dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft. In
Form einer Betreuungsverfügung kann bereits ein Vorschlag für den Fall
gemacht werden, dass die Betreuerbestellung unerwartet zu erfolgen hat.
Dadurch kann ein eventueller Familienkonflikt verhindert werden.
In der Praxis wird auch die
obige Reihenfolge eingehalten, so dass in den meisten Fällen die Betroffenen
von nahen Angehörigen betreut werden.
Der Betreuer hat die Aufgabe, im
Rahmen seines Aufgabenkreises die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen
und diesen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten.
Der Betreuer soll nach dem
Gesetz für den Betroffenen eine Hilfe sein und diesen nicht bevormunden. Der
Betreute soll auch weiterhin über seine Angelegenheiten selbst entscheiden,
soweit dies verantwortet werden kann.
Zum 1.7.2005 wurde die Vergütung
der Berufsbetreuer wesentlich geändert, da die Kosten insbesondere durch die
aus der Staatskasse zu zahlenden Betreuervergütungen in den vergangenen
Jahren stark angestiegen waren. Der Vereins- und der Berufsbetreuer erhält
nunmehr eine Vergütung, die den Betreuungsaufwand nach Stunden pauschaliert
(und hierfür zwischen 27 und 44 Euro/Stunde incl. Mehrwertsteuer und
Auslagenersatz je nach Qualifikation des Betreuers) . Der ehrenamtliche
Betreuer erhält (Vergütung nur bei sehr wohlhabenden Betreuten) lediglich
Aufwendungsersatz (entweder eine Kostenpauschale von derzeit 323 Euro
jährlich oder wahlweise Ersatz der tatsächlich angefallenen Auslagen wie
Fahrtkosten, Porto etc., aber keine Vergütung der Arbeitszeit). Die
Vergütung und die Auslagenpauschale sind vom Betreuten zu zahlen und werden
nur bei Mittellosigkeit des Betreuten von der Staatskasse getragen. Die
Mittellosigkeit bestimmt sich nach den sozialhilferechtlichen Grundsätzen,
zurzeit besteht ein Schonvermögen von etwa 2.600 Euro. Auch ein
selbstbewohntes Einfamilienhaus bleibt unberücksichtigt.
Auf die Geschäftsfähigkeit des
Betreuten hat die Anordnung der Betreuung als solche rechtlich keinen
Einfluss, wenn auch tatsächlich der Rechtsverkehr meist die Zustimmung des
Betreuers zum Rechtsgeschäft verlangt, denn die Betreuerbestellung ist
häufig ein Indiz für eine fehlende Geschäftsfähigkeit.
Das Vormundschaftsgericht kann
aber gesondert anordnen, dass der Betreute zu einer Willenserklärung (und
damit zum Abschluss von Verträgen) im Rahmen des Aufgabenkreises des
Betreuers dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt nach § 1903
BGB).
Die Entscheidung des
Vormundschaftsgerichts über die Betreuung ergeht im Verfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Sie setzt ein Gutachten eines
Sachverständigen über die Notwendigkeit der Betreuung voraus. Ein ärztliches
Zeugnis, ist nur dann ausreichend, wenn der Betroffene eine
Betreuerbestellung selbst beantragt. In Eilfällen genügt gleichfalls ein
ärztliches Zeugnis, die Begutachtung ist aber nachzuholen.
Der Betroffene ist ausnahmslos
und in jedem Falle persönlich vom Richter zu hören. Nur in sehr dringenden
Eilfällen, kann auch ohne Anhörung vorläufig ein Betreuer bestellt werden,
dann wird die Anhörung aber unverzüglich nachgeholt. Nach der Rechtsprechung
des BVerfG darf von voriger Anhörung nur abgesehen werden, wenn das Gericht
mit anderen freiheitsentziehenden Maßnahmen beschäftigt ist, Termine in
Familien oder Zivilsachen sind aber notfalls zu verschieben. Die Angehörigen
sollen vorher gehört werden.
Dies liegt zum großen Teil an
einer zunehmenden Verrechtlichung der Gesellschaft. Die Rechtsprechung
verlangt z.B., dass die Patienten über die Behandlungsmaßnahmen mit allen
Risiken aufgeklärt werden müssen, ob sie es verlangen oder nicht. Auch
Betreute müssen durch den behandelnden Arzt aufgeklärt werden, was aber
häufig unterbleibt. Soweit ein Patient dem geistig nicht ganz folgen kann,
wird zur rechtlichen Absicherung die Bestellung eines Betreuers verlangt.
Aber auch Pflegeheime,
Rententräger, Behörden und Sozialleistungsträger erfordern zur rechtlichen
Absicherung Mitwirkungspflichten, die die Betroffenen nicht erfüllen können.
Oft führt ein einzelnes Bettgitter, das unzweifelhaft nur dem Schutz vor dem
Herausfallen dienen kann, weil der Betroffene bettlägerig ist, zur
Betreuerbestellung.
Auf der anderen Seite haben sich
genügend Dienstleister etabliert, die diese Leistungen anbieten und die
Nachfrage erfüllen. Eine Betreuungsindustrie ist entstanden. Auch wird
vorgetragen, dass die Liberalisierung des Betreuungsrechts die Akteure
leichtfertiger einen Betreuer bestellen lässt, da die Eingriffe in die
Rechte des Betroffenen nicht mehr so umfassend sind, wie vor 1992.
Es gibt Meinungen (siehe unten
die Linkliste), die die Arbeit der berufsmäßig tätigen Betreuer als
entmündigend für den Betroffenen ansehen. Andere halten dagegen, dass diese
ohne die Hilfe ihrer Betreuer eher der Willkür ihrer Umgebung ausgeliefert
seien. Beide Haltungen sind richtig, da die Ausübung des Betreueramts sehr
unterschiedlich gehandhabt wird. Noch hat sich nicht überall
herumgesprochen, dass der Betreute sein Wohl vorrangig selbst zu bestimmen
hat. Letztlich kommt es auch auf das Vertrauensverhältnis zwischen Betreuten
und Betreuer an. Der Betreute hat durchaus das Recht einen anderen Betreuer
zu verlangen, wenn die "Chemie" zwischen Betreuten und Betreuer nicht stimmt
und dies nicht nur darauf beruht, dass der Betreute Anforderungen an den
Betreuer stellt, die dieser vernünftigerweise nicht erfüllen kann
(beispielsweise Gelder auszahlen, die für die monatliche Mietzahlung
vorgesehen sind).
Zusammenfassung der wichtigsten
Rechtsgrundlagen in Deutschland
Die Grundrechte des Betreuten -
Artikel 1, 2 und 3 GG
Der Betreuer hat dafür zu
sorgen, dass der Betreute seine Grundrechte möglichst weitgehend wahrnehmen
kann. Das Grundgesetz garantiert jedem Menschen ein Leben in Würde.
Selbstbestimmung, Freiheit der Person, körperliche Unversehrtheit und
Gleichheit vor dem Gesetz gehören zu den wichtigsten Grundrechten. In diese
Grundrechte darf per Gesetz eingegriffen werden, der Wesenskern muss aber
erhalten bleiben. Daher ist das Wohl des Betreuten vorrangig durch ihn
selbst zu bestimmen. In diese Grundrechte darf nur nach Maßstab der
Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden, wenn Rechte des Betreuten oder
Dritter von gleichem Rang gefährdet sind. Hierin sind die Grenzen der
"Freiheit zur Krankheit" zu sehen, die das Bundesverfassungsgericht bislang
nicht eindeutig gezogen hat (siehe: BVerfGE 58, 208, 224ff)In einem
Beschluss vom 23.3.1998 (NJW 1998, 1774) hat das BVerfG bestätigt, dass auch
dem psychisch Kranken "in gewissen Grenzen die 'Freiheit zur Krankheit'
belassen bleiben muss". Der Schutz Dritter ist nicht Aufgabe des
Betreuungsrechtes. Hierfür sind Ländergesetze zuständig (siehe: PsychKG).
Voraussetzung für die
Betreuerbestellung - § 1896 BGB
1.
Kann ein Betroffener seine Angelegenheiten selbst besorgen, ist eine
gesetzlich bestellte Betreuung gegen seinen Willen nicht zulässig, da die
Voraussetzungen nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erfüllt sind.
2. Die Bestellung eines Betreuers ist nicht erforderlich, wenn die
Angelegenheiten des Betroffenen ebensogut durch einen Bevollmächtigten
und/oder durch andere Hilfsangebote besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2
Satz 2 BGB). Ein gesetzlicher Betreuer ist nichts weiter als ein vom Gericht
eingesetzter Bevollmächtigter. (Siehe auch: Vorsorgevollmacht)
3. Wer seinen Willen frei bestimmen kann, darf keinen gesetzlichen Betreuer
gegen seinen Willen bestellt bekommen. (siehe auch: Willensbildung). Diese
Rechtslage wurde durch höchstrichterliche Urteile klargestellt
(beispielsweise BayObLG FamRZ 1995, 510). In der Urteilsbegründung, die
Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nimmt und
inzwischen von zahlreichen höchsten Gerichten übernommen wurde, heißt es:
"Der Staat hat nicht das Recht, den Betroffenen zu erziehen, zu bessern,
oder zu hindern, sich selbst zu schädigen." Seit dem 1.7.2005 ist § 1896 um
einen Absatz 1a erweitert worden, der ausdrücklich klarstellt, dass keine
Betreuerbestellung gegen den freien Willen ausgesprochen werden darf.
Allerdings muss es ein freier Wille sein. Wenn der Wille durch Krankheits-
oder Behinderungseinflüsse beeinträchtigt wird, kann evtl. kein freier Wille
mehr gebildet werden (vgl. dazu Geschäftsunfähigkeit, § 104 BGB).
4. Das Gericht hat den Betreuer zu bestellen, den der Betroffene vorschlägt,
solange keine gewichtigen Gründe dagegen sprechen. Es ist nicht zulässig,
einen vom Betreuten vorgeschlagenen Betreuer abzulehnen, weil ein
geeigneterer Betreuer von Dritten vorgeschlagen wird.
Ärztliche Behandlung - § 1904
und § 1906 BGB
1.
Jede ärztliche Behandlung ist nach durchgehender Rechtsauffassung eine
Körperverletzung. Sie ist nur dann nicht rechtswidrig, wenn in die
Behandlung eingewilligt wird.
2. Da der Betreute sein Wohl vorrangig selbst zu bestimmen hat, ist es
fraglich, ob gegen den Willen des Patienten behandelt werden darf, wenn die
Verletzung des Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit nicht durch den
Schutz eines Rechtsguts von gleichem Rang begründet werden kann.
Einwilligungsunfähigkeit und Krankheitsuneinsichtigkeit allein rechtfertigen
eine Behandlung gegen den Willen des Betreuten nicht. Hierin scheinen die
Grenzen der "Freiheit zur Krankheit" zu liegen. Dieses Recht sprach das
Bundesverfassungsgericht den Betroffenen zu. Es führte damals aber nicht
aus, wo die Grenzen der "Freiheit zur Krankheit" liegen. Eine Unterbringung
eines psychisch Kranken ist als Maßnahme der staatlichen Fürsorge aber
jedenfalls zulässig, wenn dies unumgänglich ist, um drohende gewichtige
Schädigungen des nicht einsichtsfähigen Kranken abzuwenden. (BVerfGE 58,
208, 224ff)
Das
heißt nicht, dass Zwangsbehandlungen generell verboten sind. Sie müssen aber
in besonderer Weise den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit
beachten. Auch eine Einweisung nach § 1906 BGB kann nicht generell als
Erlaubnis zur Zwangsbehandlung angesehen werden; insbesondere sind
Zwangsbehandlungen nicht zur Erzwingung der Krankheits- und
Behandlungseinsicht zulässig.
3. Eine Patientenverfügung ist für Arzt und Betreuer bindend. Sie muss im
Zustand der Einwilligungsfähigkeit verfasst werden. BGH Beschluss XII ZB
2/03 vom 17. März 2003
4. Häufig wird ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt, weil der Betroffene die
ihm verordneten Medikamente nicht nimmt oder anderen Behandlungsmaßnahmen
(Klinikaufenthalt) nicht zustimmt. Der Betreute darf aber zur
Medikamenteneinnahme und zu Behandlungsmaßnahmen nicht gezwungen werden,
wenn er seinen Willen frei bestimmen kann (Knittel § 1904 Rz. 5; Kern MedR
1991, 68). Ein Betreuter, der einwilligungsfähig ist, darf nicht gegen
seinen Willen behandelt werden. Einwilligungsunfähig ist nur, wer Art,
Bedeutung und Tragweite (Risiken) der Maßnahme nicht erfassen kann (BGH NJW
1972, 335; OLG Hamm FGPrax 1997, 64). Eine ambulante Zwangsbehandlung gegen
den Willen des Betreuten ist nicht zulässig (BGH, Beschluss vom 11. Oktober
2000 - XII ZB 69/00 - ).
5. Ein Arzt kann nur in zwei Fällen ohne Einwilligung des
Patienten/Betreuers/Bevollmächtigten selbst handeln. Nach § 34 StGB
(Nothilfe) und nach § 32 StGB (Notwehr). Einwillgung durch den
Betreuer/Bevollmächtigten in gefährliche und freiheitsentziehende
Unterbringungen (auch auf "halbgeschlossenen" Stationen) sind nach § 1904
BGB und § 1906 BGB durch das VormundschaftsGericht zu genehmigen.
Bettgitter, Fixierungen und die Freiheit einschränkende medikamentöse
Therapien sind extra zu genehmigen. Die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts ist kein "Freibrief". Die in Punkt 4. genannten,
teils überholten Bedingungen, bedürfen der stetigen Überprüfung, da sonst
Arzt und evtl. Betreuer sich wegen Körperverletzung und
Freiheitsheitsberaubung strafbar machen.
Wohl, Wunsch, Wille - Maßstab
für das Betreuerhandeln - § 1901 BGB
Maßstab des Handelns des
Betreuers nach § 1901 BGB und § 1906 BGB ist das Wohl des Betreuten. Das
Wohl des Betreuten ist vorrangig durch den Betreuten selbst zu bestimmen
(subjektive Auslegung) (BGH Beschluss XII ZB 2/03 vom 17. März 2003).
Dadurch wird dem " natürlichem Willen" des Betreuten Rechnung getragen.
Dieser darf nach § 1901 BGB eigentlich nur Wünsche äußern. Der BGH
argumentierte, dass es aber zum Wohl des Betreuten gehört, seine Wünsche,
die dieser mit "natürlichem Willen" ausdrückt, zu erfüllen. Der Betreute
darf also einen Willen haben und nicht nur Wünsche.
Kommt es zu einem Konflikt
zwischen Betreuer und Betreuten, ist nur dann gegen den Willen des Betreuten
zu entscheiden, wenn dies verhältnismäßig ist. Der§ 34 StGB (Nothilfe)
bietet einen guten Maßstab. Das verletzte Rechtsgut des Betreuten darf
keinen höheren Rang haben als das gefährdete Rechtsgut des Betreuten oder
Dritter. Die Freiheit der Person und die körperliche Unversehrtheit haben,
wie auch das Selbstbestimmungsrecht und die Würde des Menschen,
Verfassungsrang.
Geschäfts- und
Verfahrensfähigkeit des Betreuten - § 104 BGB
In seinen eigenen
Betreuungsrechtsangelegenheiten ist der Betreute immer verfahrensfähig. Er
kann immer Beschwerde bei Gericht einreichen. Reicht der Betreute eine
Beschwerde gegen die Betreuerbestellung ein, ist dabei keine Frist zu
beachten. Zuständig ist das Landgericht. Kann sich der Betroffene im
Verfahren über die Anordnung der Betreuung sich selbst nicht äußern, ist
weiterhin zu prüfen, ob ihm ein Verfahrenspfleger zu bestellen ist, der im
Rahmen dieser Pflegschaft die Rechte des Betroffenen wahrzunehmen hat.
Solange kein
Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist, ist der Betreute voll geschäftsfähig,
was widersprüchlich ist, da die Geschäftsfähigkeit (§ 104 BGB) den freien
Willen voraussetzt. Das wiederum müsste zu einer Aufhebung der Betreuung
führen. Im Zweifel riskiert der Betreute mit dieser Argumentation aber einen
Einwilligungsvorbehalt, der bislang nur für ganz wenige Betreute angeordnet
wird. Ist der Betreute geschäftsfähig, darf ihm nicht ohne weiteres die
Kontoführung untersagt werden. Allerdings hat die Bank ein Haftungsrisiko,
wenn sie dem Betreuten im Zustand seiner Geschäftsunfähigkeit Geld auszahlt.
Daher scheint es ratsam, im Zweifel den alleinigen Zugang des Betreuten zu
großen Geldbeträgen zu unterbinden. Dann müsste auch die Bank dazu
verpflichtet sein, dem Betreuten die Kontoführung zu gestatten. Hat der
Betreute Schwierigkeiten, das Geld einzuteilen, ist zu empfehlen, ein
Sparkonto mit Sparcard einzurichten. Manche Banken bieten die Möglichkeit
der täglichen Überweisung. Für das Internetbanking durch den Betreuer
benötigt die Bank eine Haftungsverpflichtung des Betreuers.
Prozessfähigkeit von Betreuten -
§§ 51 - 53 ZPO
Anders als oben beschrieben, ist
in sonstigen Gerichtsverfahren (Zivilprozess, Sozial- und
Verwaltungsgerichtsverfahren) der Betreute dann prozessunfähig, wenn er
entweder geschäftsunfähig i:S. des § 104 BGB ist oder unter
Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) steht. Außerdem ist er in konkreten
Verfahren dann prozessunfähig, wenn der Betreuer für ihn das Verfahren
betreibt. Dies gilt auch dann, wenn er ansonsten geschäftsfähig ist.
Hierdurch soll konkurrierendes und sich widersprechendes Handeln von
Betreuer und Betreutem entgegen gewirkt werden. Wobei der Betreuer natürlich
im Rahmen des § 1901 Abs. 2-3 BGB an die Wünsche des Betreuten gebunden ist.
Gleiches gilt auch in behördlichen Verfahren aller Art, da in den
Verwaltungsverfahrensgesetzen und im SGB-X sowie der Abgabenordnung auf § 53
ZPO verwiesen wird.
Zivil- und strafrechtliche
Haftung des Betreuers - § 1833 BGB, § 14 StGB und § 9 OWiG
Der Betreuer kann für Schäden,
die er dem Betreuten verursacht, haftbar gemacht werden. Es empfiehlt sich
daher, eine Hapftpflichtversicherung für den Betreuer abzuschließen.
Ehrenamtliche Betreuer sind in den meisten Bundesländern vom Land bereits
versichert (außer NRW und Saarland). Auch für den Betreuten sollte eine
Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden, sofern dieser nicht
deliktunfähig (§ 827 BGB) ist. Betreuungsvereine bieten oft kostenlose
Versicherungen für Vereinsmitglieder an.
Arten der Pflichtverletzung
In der täglichen Arbeit des
Betreuers kann es zu zahlreichen unterschiedlichen Vorgängen kommen, die
Haftungsansprüche auslösen. Es ist wegen der jeweiligen Besonderheiten des
Einzelfalles nicht möglich, eine vollständige Aufzählung zu geben.
Nachstehend jedoch sollen zumindest Beispielsfälle aufgelistet werden, die
bereits in der Rechtsprechung beziehungsweise Literatur entsprechend
bewertet wurden.
Prozessführung
Haftungsrechtliche Folgen im
Rahmen der Führung von Prozessen für den Betreuten können unter anderem
ausgelöst werden durch:
-
die Führung eines
aussichtslosen Prozesses ;
-
die fehlerhafte Führung
eines Prozesses ;
-
das Versäumen eines
Prozesskostenhilfeantrags ;
-
das Unterlassen einer Klage
vor Ablauf der Verjährungsfrist ;
-
das Unterlassen einer
Mitteilung über finanzielle Verpflichtungen des Betreuten infolge
verlorener Prozesse.
Sozialleistungen und Unterhalt
Im Rahmen der finanziellen
Absicherung des Betreuten sind als Pflichtverletzung bejaht worden:
-
das Unterlassung der
Unterhaltsbeitreibung ;
-
die zu Unrecht gewährte
Unterhaltsstundung ;
-
die Fristversäumung bei der
Stellung eines Renten- oder sonstigen Sozialleistungsantrags.
Das Bundessozialgericht sah es
als Pflicht des Betreuers an, sich persönlich um eine freiwillige
Weiterversicherung in der Krankenkasse zu kümmern, sofern der Aufgabenkreis
Gesundheitssorge besteht (Urteil vom 15.5.2002, B 12 KR 14/01). Bei einem
verspäteten Rentenantrag wurde anerkannt, dass der Betreuer zunächst auf
Wunsch des Betreuten auf den Erfolg von Reha-Maßnahmen vertraut hat.
In der Rechtsprechung wurde
festgestellt, dass die Beantragung von Sozialhilfe zur Personensorge, nicht
zur Vermögenssorge zählt. Ein Betreuer, der allein die Vermögenssorge
innehat, kann daher schon deshalb nicht für eine verspätete
Sozialhilfeantragstellung haften. Ähnliche Abgrenzungsprobleme bestehen bei
den Unterhaltsansprüchen. Das OLG Zweibrücken sieht sie nicht als Teil des
Aufgabenkreises Vermögenssorge an.
Allgemeine Vermögenssorge
Im Bereich der Vermögenssorge
wurde als Pflichtverletzung bejaht:
-
der voreilige Verkauf eines
Hausgrundstückes in Zeiten ansteigender Preise ;
-
die unkritische Übernahme
der Bewertung von Grundvermögen ;
-
die Anlage von Mündelgeld
(das für den laufenden Unterhalt nicht benötigt wird) mit einem zu
geringen Zinssatz (auf einem Sparbuch mit gesetzlicher Kündigungsfrist
anstatt einer Anlage in Schatzbriefen oder ähnlichen Wertpapieren) ;
-
die Geldanlage in
ausländischen (unsicheren) Wertpapieren.
Zur Beantwortung der Frage, ob
eine Pflichtverletzung im Bereich der Vermögenssorge vorliegt, ist im
allgemeinen das Gesamtverhalten des gesetzlichen Betreuers zu prüfen,
einzelne Ausgabeposten dürfen hierbei nicht willkürlich herausgegriffen
werden. Bei mangelnder Rechtskenntnis kann der Betreuer verpflichtet sein,
Rechtsauskunft beim Vormundschaftsgericht (§ 1837 II BGB) einzuholen.
Wohnraum
Wie oben schon dargelegt, ist im
Bereich der Führung von Betreuungen für Volljährige bei der Kündigung von
Wohnraum durch einen Betreuer zu beachten, dass diese von der Genehmigung
des Vormundschaftsgerichtes gem. § 1907 I BGB abhängig ist.
Daher kommt hier eine Haftung
für
-
für die verspätete Einholung
der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ;
-
die schuldhafte Verzögerung
der Wohnungsauflösung nach der erteilten Genehmigung;
-
die pflichtwidrige Aufgabe
der Wohnung des Betreuten ohne vorherige vormundschaftsgerichtliche
Genehmigung in Betracht.
Die Weiterführung des
Mietverhältnisses des Betreuten kann jedoch auch entgegen einer
vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zur Wohnraumkündigung geboten sein,
wenn sie dem Wohl des Betreuten (§ 1901 I BGB) dient, weil sich
beispielsweise sein Gesundheitszustand gebessert hat und die Wohnungsaufgabe
daher nicht mehr notwendig ist. Hier kann, wie bereits oben erwähnt, trotz
gerichtlicher Genehmigung die Wohnraumkündigung wieder haftungsrechtliche
Folgen auslösen, da der Betreuer stets auch selbst alle Rechtshandlungen am
Wohl des Betreuten zu orientieren hat. Die vormundschaftsgerichtliche
Genehmigungspflicht gilt nur für vom Betreuten selbst bewohnte Wohnungen.
Des weiteren wurde ein Betreuer
haftungsrechtlich verantwortlich gemacht, weil er nicht rechtzeitig für eine
Wohnungskündigung gesorgt hatte. Der Zutritt zur Wohnung des Betreuten
selbst kann auch Gegenstand der Auseinandersetzung sein. Laut LG und OLG
Frankfurt kann der Betreuer die Wohnung des Betreuten nicht gegen dessen
Willen betreten. Er kann hierzu auch nicht vom Vormundschaftsgericht
ermächtigt werden. Die Wohnungsauflösung selbst kann auch zum
schadensersatzbegründenden Tatbestand werden, wenn der Betreuer
beispielsweise wertvolle Antiquitäten irttümlich als Sperrmüll entsorgen
läßt oder in Unkenntnis des Schenkungsverbotes (§§ 1804, 1908 i Abs. 2 BGB)
Einrichtungsgegenstände des Betreuten verschenkt. Im Zweifel sollten
Wertgutachten eingeholt, bei der Wohnungsauflösung neutrale Zeugen
hinzugezogen und statt Schenkungen gegebenenfalls Leihgaben (gegen Nachweis)
vorgenommen werden.
Personensorge
Eine Haftung im Bereich der
Personensorge ist stets diffiziler als in den anderen Bereichen. In der
Regel geht es um Fragen der Heilbehandlung und/oder der
freiheitsentziehenden Unterbringung. So entschied beispielsweise der BGH am
11. Oktober 2000, dass eine Zwangsvorführung zur ambulanten Verabreichung
von Medikamenten unzulässig sei. Das LG Oldenburg bezeichnete die
Verbringung eines Betreuten in ein offenes Altenpflegeheim gegen seinen
Willen als unzulässig. Problematisch ist auch die freiheitsentziehende
Unterbringung nur mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge.
Auch wenn eine für bestimmte
Rechtshandlungen die erforderliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung
(beispielsweise die Genehmigung zur Kündigung eines Mietverhältnisses über
Wohnraum, § 1907 I BGB) durch das Vormundschaftsgericht erteilt wurde,
schließt dies eine Haftung des gesetzlichen Betreuers nicht aus.
Straf- und zivilrechtlich macht
sich der Betreuer eines Vergehens schuldig, wenn er den Aufgabenkreis der
Vermögenssorge hat und Sozialbetrug des Betreuten toleriert. Wenn er nicht
diesen Aufgabenkreis hat oder es sich um Straftaten wie Besitz illegaler
Drogen handelt, ist der Betreuer nicht verpflichtet, diesen Umstand zu
verhindern. Denn nur schwere Straftaten, angefangen von der Vorbereitung
eines Angriffskriegs über Raub und Geldfälschung bis hin zur Bildung einer
Terroristischen Vereinigung müssen angezeigt werden. Dazu sind auch Personen
verpflichtet, die der Schweigepflicht unterliegen. Unklar ist, ob der
Betreuer strafrechtlich verfolgt werden kann, wenn er in eine Behandlung des
Betreuten einwilligt, die als Körperverletzung strafbar ist, da sie gegen
den Willen des Betreuten zu Unrecht durchgeführt wurde. Zimmermann vertritt
den Standpunkt, dass das Risiko allein bei dem behandelnden Arzt liegt. Der
Bundesgerichtshof spricht aber von einer rechtlichen Verantwortung des
Betreuers (BGH-Beschluss)
Keine Schweigepflicht - Kein
Zeugnisverweigerungsrecht - Kaum Datenschutz - § 203 StGB
Ist der Betreute
einwilligungsfähig oder ist die Einwilligungsfähigkeit zweifelhaft, darf ein
Arzt dem Betreuer nur Auskunft geben, wenn der Betreute das gestattet.
Der Betreuer unterliegt nicht
der Schweigepflicht gemäß § 203 StGB. Das ist problematisch, da er
Informationen über den Betreuten von Personen bekommen darf/muss, die
eigentlich die Schweigepflicht zu wahren haben. Verstöße sind mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu ahnden. Nach Rechtslage hat der
Betreute keinerlei Datenschutz und keinerlei Intimsphäre. In Strafverfahren
gegen den Betreuten muss der Betreuer aussagen. |